2014 - Frankreich - Aero Club Nürnberg

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Fast die Kanalinseln

Donnerstag: Heute ist Vatertag und wir wollen das verlängerte Wochenende für einen AusFlug über den Ärmelkanal nutzen. Scilly Islands (St. Mary's) lautet das Ziel!

Pünktlich um 08:00 treffe ich mich mit Lothar und Günther im Flugbüro. Die Piper 28 D-ENUE mit dem EFIS von Avidyne steht voll aufgetankt bereit, die Route ist geplant, das erste Leg vollständig ausgearbeitet. Den Flugplan zum Grenzübertritt hat Lothar schon vorbereitet und flightlog und Anflugkarten für Zielplatz und Alternate haben wir ausgedruckt vor uns liegen, weight & balance sind für die verschiedenen Beladungssituationen auch schon durchgeführt.

Alfred und Gerhard stoßen zu uns, denn sie werden uns mit der Schwestermaschine D-ENUP auf unserer Tour begleiten.

Das Wetter am Startflughafen ist nicht berauschend, aber wir geben die Flugpläne mit Startzeit 10:00 auf. Wir trauen uns zu, den Abflug von Nürnberg mit einer special vfr clearance am fliegbaren Minimum durchzuführen. Günther meistert die Situation sehr gut und bringt uns bald ins bessere Wetter. Ich mache derweilen den Funk.

Den Plan, direkt bis nach Troyes durchzufliegen setzt nur unsere Schwestermaschine um, während wir in Colmar einen Entlastungsstopp für die Piloten einlegen. Die Endurance der Maschinen übersteigt das Durchhaltevermögen der Piloten doch erheblich!

Weil die Kasse für die Landegebühren in Colmar über die Mittagszeit nicht besetzt ist, fällt der Aufenthalt dort leider etwas länger aus als geplant. Aber wir nutzen die Zeit im nahegelegenen Restaurant für eine Erfrischung. Um 13:00 UTC sind wir bereits wieder in der Luft und nehmen Kurs auf Troyes. Frankreich begrüßt uns mit angenehmen Temperaturen und guten Sichten. Immer mit der Einstellung „best economy“ überfliegen wir nun Teile der Vogesen. Bei diesem zweiten Leg des Tages fliegt weiter Günther aber nun macht Lothar den Funk. Für mich ist das die Gelegenheit, mich nach hinten zu verkrümeln und diesen ersten Teil des Reiseberichts zu verfassen.

Noch vor 17:00 treffen die beiden Crews von -UE und -UP in Troyes wieder aufeinander. Wir bestellen uns ein Taxi und lassen uns zum Hotel ins Zentrum bringen, in welchem Alfred bereits telefonisch fünf Einzelzimmer reserviert hat. Nach check-in und einer halben Stunde Ruhezeit treffen wir uns alle in der Lobby wieder und machen uns mit Stadtplänen bewaffnet auf den Weg durch die Stadt. Sightseeing und Nahrungsaufnahme sind die beiden letzten offiziellen Punkte auf der heutigen Liste. Die wirklich schöne Altstadt lockt uns zuerst in die Cathédral St. Pierre & Paul. Ein perfekter Ort, um die Ruhe auf sich wirken zu lassen.

Anschließend suchen wir uns ein Lokal zum Essen und als Abschluss des ersten Tages gibt es einen Besuch in einer Champagner-Bar. Schließlich muss man sich mit den lokalen Produkten vertraut machen.

Wir verabreden uns für den nächsten Morgen um 08:00 zum Frühstück und gehen gut gesättigt auf unsere Zimmer.

Freitag: Unsere Destinationen für heute lauten Alderney und anschließend St. Mary's. Der geplante Zwischenstopp in Dinard hält uns leider mal wieder etwas länger auf als geplant. Die für den Grenzübertritt nach Großbritannien aufgegebenen Flugpläne bleiben nämlich in den Tiefen des Internet verschwunden und wir müssen alles telefonisch noch einmal aufgeben. Da wir noch landenden Verkehr vorbeilassen müssen, starten wir erst etwa 30 Minuten nach der -UP.

Wir legen vor dem Start noch unsere Rettungswesten an und folgen der Küstenlinie. Lothar ist am Steuer, ich am Funk.

Um den Mont St. Michel drehen wir im vorgeschriebenen Abstand einen Vollkreis und folgen der Küstenlinie weiter nach Norden. An der markanten Nordspitze kurven wir aufs offene Meer und haben schon Kontakt mit dem britischen Controller. Der Anflug auf Alderney gestaltet sich nicht nur wegen dieses wie ein Maschinengewehr sprechenden Controllers schwierig. Es ziehen auch noch Wolken und Seenebel auf und wir beschließen, den Anflug abzubrechen und starten nach Rücksprache mit der Lotsin, die nun im Anflug für uns zuständig ist, durch. Nach einem kurzen Steigflug und einer 180° Wendung nehmen wir wieder Kurs auf die französische Küste und landen auf dem Ausweichflugplatz Cherbourg. Wie wir später bei einem Telefonat mit Alfred erfahren, ist die -UP sicher auf Alderney gelandet, wo kurz darauf das Wetter „zu gemacht“ hat.

Wolken und Seenebel hatten sich auf gleicher Höhe und zur selben Zeit verabredet und die Sichten gingen drastisch zurück. Zufrieden mit unserer offensichtlich richtigen Entscheidung suchen wir uns ein Hotel in der Stadt und lassen den Abend gemütlich ausklingen. Wir essen sehr lecker ein Drei-Gänge-Menü und schwärmen von der Crème Brûllée. Nach einem kleinen aber dringend erforderlichen Verdauungsspaziergang gehen wir zurück ins Hotel.

Die Flugplanung ist erst für nach dem morgigen Frühstück angesetzt.

Samstag: Heute bin ich „pilot flying“. Den Plan, die Kanalinseln zu besuchen haben wir aus Zeitgründen nun aufgegeben und wir haben uns stattdessen für einen gemütlichen Nachhauseweg entschieden.

Das Tagesziel soll Tours sein mit einem Tankstopp in Quimper. Dort gelandet erfahren wir, dass die Avgas-Tanke „out of service“ ist und wir fliegen weiter nach Nante. Bereits im Endanflug dürfen wir den Flair des Großflughafens genießen: „Delta-Uniform-Echo expect going arround. Traffic in your six'o'clock position is a 737 in eight miles final“. Da wir mit unseren 75 kt Anfluggeschwindigkeit die Boeing nicht ausbremsen möchten, nehmen wir den freundlichen Vorschlag an, schieben alle Hebel auf „laut“, machen nach Rücksprache eine 180° Kurve nach rechts und gehen damit wieder in den Gegenanflug. Beim nächsten Versuch sind wir Nummer zwei, landen auf der großen Piste, rollen zur Abstellfläche der Allgemeinen Luftfahrt und warten und warten und warten …

Ohne Handling Agent geht hier nämlich gar nichts! Und der lässt sich Zeit. Nach gut einer halben Stunde und mehreren Rückfragen taucht er doch endlich auf und erklärt uns, dass er sich jetzt kümmern würde. Er müsse aber gleich wieder weg, sei aber in zehn Minuten wieder hier und falls nicht, hier sei seine Karte. Wir sollten ihn dann doch bitte noch mal anrufen. Es vergeht eine weitere dreiviertel Stunde bis der Tankwagen auftaucht und kurz darauf auch der Handling Agent. Der Tankwagenfahrer entschuldigt sich umständlich und sehr freundlich. Er hatte einfach mit den großen Verkehrsmaschinen sehr viel zu tun. So kamen wir in der Sonne auf der Tragfläche sitzend oder neben dem Flugzeug stehend zu unserer Urlaubsbräune.

Nachdem uns der Handling Agent dann doch über das Vorfeld gefahren und uns zum Ausgang begleitet hat, stehen wir vor dem Flughafengebäude. Kein Taxi zu sehen. Aber wir erspähen einen Bus und fragen den Fahrer wohin und wie teuer. Tatsächlich fährt er uns für € 7,50 pro Person in die Innenstadt und gibt uns sogar noch zwei Hotelempfehlungen. Er hält dort fast vor der Tür und wir haben die Auswahl zwischen zwei günstigen und sehr akzeptablen Hotels zweier großer Ketten.

Nach dem check-in genehmige ich mir erst mal eine erfrischende Dusche bevor wir uns treffen, um wieder mit Stadtplänen ausgerüstet zu Sightseeing und Nahrungssuche  ausschwärmen. Die kleinen und verwinkelten Gassen sind lebendig und laut. Die Stadt erscheint uns jung und fidel, der Abend ist sommerlich. Nach einem ausgiebigen und leckeren Abendessen in der Altstadt haben wir mal wieder den Drang uns noch etwas zu bewegen. So ist es noch immer warm, als wir gegen 23:00 ins Hotel zurückkehren.

Sonntag: Die Route ist längst fertig geplant aber wir müssen ja erst mal vom Airport „Nantes Atlantic“ loskommen. Mit dem Taxi fahren wir vom Hotel zum Flughafen, fragen brav nach dem handling Unternehmen und lassen uns von ihm durch den Crew check-in begleiten. Ich bekomme meinen Stempel ins Flugbuch und wir bezahlen Handling- und Landegebühren. Als ich die Rechnung sehe, plane ich als nächste Mahlzeit in Gedanken nur ein kleines Glas stilles Mineralwasser!

An der Maschine angekommen, läuft alles wie am Schnürchen. Wir brauchen keinen slot und kommen zügig weg und aus der Kontrollzone. Günter fliegt uns wieder nach Troyes. Das ist ein Genussflug, denn wir folgen in weiten Strecken der Loire und „jagen“ Schlösser. Günther hat sich extra aus dem Reiseführer einige Ziele herausgesucht, die wir aus der Luft finden möchten.

Teilweise führt die Strecke relativ dicht zwischen verschiedenen Flugbeschränkungsgebieten durch, die jedoch in der Mehrzahl am heutigen Sonntag nicht aktiv sind. Scheinbar fällt dem Controller unser Zickzackkurs auf und er bittet uns, unsere Absichten zu beschreiben. Als wir ihm erklären, dass dies ein sight-seeing flight entlang der Loire ist und wir nach den Schlössern Ausschau halten, wurde ihm klar, warum wir auf dem Radar so „komisch“ fliegen und er wünscht uns viel Spaß. In Troyes tanken wir noch einmal auf, halten uns sonst aber nicht weiter auf. Nach einem Pilotenwechsel steuert Lothar unsere -UE nach Colmar, wo wir unseren Flugplan für den Grenzübertritt aufgeben. Tanken müssen wir hier nicht noch einmal. Alles funktioniert reibungslos und schnell. Um kurz vor 16:00 hebe ich mit meinen Begleitern in Colmar ab und wir fliegen nach Nürnberg. Lothar macht den Funk auf unserem
letzten Leg. Bei prächtigem Wetter und wenig Wind fliegen wir in die Nürnberger Kontrollzone ein, drehen wegen anfliegendem Verkehr zunächst in den rechten Gegenanflug und erhalten dann die Freigabe zur Landung auf der heimischen Eins-Null.

Es war meine erste selbst geflogene Auslandsreise, aber sicher nicht die letzte! Sie brachte Eindrücke und Erfahrungen und vor allem Spaß am gemeinsamen Fliegen. Bemerkenswert waren die Controller auf der gesamten Strecke. Sie machen ihren Job gut, sind aufmerksam, hilfsbereit und meist sehr freundlich. Wir haben uns rundum gut betreut gefühlt. Unsere Piper hat alles sehr zuverlässig mitgemacht. Selbst über dem Wasser klang der Motor kein bisschen anders als über Land!

Peter Weghorn

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